Neues aus der Fremde

Und endlich heiße ich Euch willkommen zu meinem dritten und vorerst letzten Blog. 

 

 

Über das Skifahren

 

 

Bevor ich Eure werten Fragen beantworte, möchte ich vom Skifahren erzählen:

Ende Februar versammelten sich die Austauschschüler aus ganz New Brunswick in Edmundston. Es war ein Skitrip, und für mich das erste Mal auf der Piste. Im Hotel traf ich ein paar Schüler aus Deutschland, doch das größte Vergnügen war das Skifahren selbst. Und zwar geradewegs den Berg hinunter in einem Wahnsinnstempo. Das klingt wohl recht kopflos für die Skierprobten unter Euch. Und erst hinterher erfuhr ich, dass es tatsächlich jenseits aller Empfehlungen für Anfänger ist, das zu tun. Hätte mir man das mal gesagt. Ich hatte nur bemerkt, dass ich zu häufig hinfalle, wenn ich Kurven fahre, wie es uns die Einleiterin gezeigt hatte. Letztendlich war aber niemand zu Schaden gekommen und ich hatte eine wunderbar lebendige Erfahrung, als ich hinab ins Tal rauschte und die Kraft des Berges in mich aufnahm.

 

In den Märzferien war ich dann zu Besuch in Dartmouth bei Halifax bei Freunden meiner Großmutter väterlicherseits, mit denen ich überwiegend norwegisch sprach. Am Donnerstag ging es für mich ein zweites Mal auf die Piste, und diesmal bekam ich eine anständige Einführung von einer geduldigen und pädagogisch juwelgleichen Freundin meiner Gastgeber. So lernte ich, richtig Ski zu fahren.

 

 

Eure Fragen

 

  • Wie empfindest Du derzeit Distanz? (Im Wesentlichen im wörtlichen räumlichen Sinne gemeint, Du darfst das aber gerne auch auf andere Ebenen heben.) Für mich hat Fliegen (vor allem auf weiten Strecken) immer auch ein seltsames Gefühl mehrerer Welten erzeugt. Wenn ich die Strecke zwischen zwei Orten nicht selber durchquert habe (in einem humanen Tempo, sagen wir zum Beispiel zu Fuß, mit Fahrrad oder Pferd, ggf. auch Zug) kann ich mir manchmal schlecht vorstellen, dass da tatsächlich etwas ist und diese Orte nicht nur im Nichts schweben.

Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Die Empfindung ist nachvollziehbar, für mich aber nicht akut spürbar. Der Abstand zu den Sternen bleibt der gleiche.

 

  • Wie geht’s Dir mit der Kälte?

Die Kälte fällt für mich fast gar nicht ins Gewicht. Und diese Woche war es schon so warm, dass ich nach der Schule nicht den Schulbus nach Hause nahm, sondern lief.

 

  • Bist Du gesund?

Ja, in der Tat. In der Schule manchmal etwas übermüdet, aber das ist nichts, worüber ich mir Sorgen mache.

 

  • Was meinst Du mit Sandras gesundem Lebensstil genau? Wie geht das mit der Mikrowelle konform?

Ich denke, sie ernährt sich recht ausgewogen und bewusst. Aber nicht nur ihre Ernährungsweise meinte ich, sondern auch ihre gesamte Lebenseinstellung. Wie eigentlich alle Kanadier, denen ich bisher begegnet bin, ist sie eine sehr entspannte Person, die nichts zu persönlich nimmt. Sie ist sehr spirituell und reflektiert.

 

  • Welche Aufgaben im Haushalt übernimmst Du?

Ich kümmere mich um meine eigene Wäsche, räume das Besteck aus der Spülmaschine weg und helfe jede zweite Woche beim Putzen. Wenn sie Hilfe braucht, gehe ich Sandra auch beim Kochen zur Hand.

 

  • Plant Ihr Ausflüge in die nähere oder weitere Umgebung? Über die Grenze?

Ja, wir werden Sandras Bruder in den USA besuchen. Den Papierkram haben wir schon erledigt. Und im Sommer wird es Wochenendausflüge geben, denn sie pflegt mit ihrer Familie zu campen. Außerdem organisieren die Koordinatoren für jeden Monat eine Aktivität für Austauschschüler in New Brunswick. Im Februar war es der Skiausflug, und gestern ein Ort, an dem man Spiele wie Golf, Hockey oder Dart mit einer Leinwand spielen kann, indem man einen Ball wirft oder schießt und die Projektion darauf reagiert.

 

  • Wie unterscheidet sich das kanadische Französisch vom europäischen?

Nach dem, wie ich den Dialekt höre, werden unter anderem häufiger unbetonte ‹e› verschluckt. Die Alltagssprache hier ist durchmischt mit englischen Begriffen; ich schätze, dass ist eine Spezialität von Grand Falls, welches eine der wenigen bilingualen Städte Kanadas ist.

 

  • Macht es Dir Spaß, das Französisch zu lernen?

Ja, es macht Spaß, die Sätze zu dekodieren und selbst welche zu formulieren, auch wenn ich es fast nur zuhause mache. Es braucht nämlich viel Geduld, und in der Schule spricht man meistens englisch mit mir. Schreiben und Lesen ist wesentlich einfacher.

 

  • Habt Ihr einen so gigantischen Supermarkt? Wie war der Eindruck davon?

In der Tat. Ich finde ihn etwas unübersichtlich, alles in allem amüsiere ich mich aber recht gut dort, wenn ich meinen Blick über die lächerlich große Auswahl schweifen lasse.

 

 

Eure Fragen zur Schule

 

  • Ist Deine Schule eine auch in Kanada ungewöhnliche, oder ist das Schulkonzept überall dort so?

Sie ist verhältnismäßig klein und eine der wenigen bilingualen, hat aber kein spezielles Konzept, das sie von anderen Schulen unterscheiden würde.

 

  • Wann beginnt die Schule? Wie ist der Tagesablauf und Stundenaufbau?

Der Unterricht beginnt um 8:30 Uhr; weil Sandras Arbeit aber schon um 8 beginnt und sie mich in der kalten Zeit noch fährt, habe ich vor dem Unterricht eine halbe Stunde zum Entspannen. Die Lehrer und Schüler sind entspannter als in Deutschland, und meistens hört der Lehrer etwa fünf Minuten vor dem Klingeln auf und die Schüler sitzen einfach herum und unterhalten sich. In Deutschland habe ich das noch nie so erlebt.

 

  • Was machst Du nachmittags? Gibt es Hausaufgaben?

Hausaufgaben gibt es selten. Eigentlich nur, wenn man nicht alles in der Schule schafft. So habe ich viel Zeit, mich zu entspannen und meinen Projekten nachzugehen.

 

  • Wie ist die Atmosphäre in der Schule? 

Die Schule ist sehr integrativ. Es gibt einige Kinder mit besonderen Bedürfnissen.

Typisch kanadisch ist nach meinem Empfinden eine Gelassenheit, die manchmal, besonders bei den Schülern, in Gleichgültigkeit umkippen kann.

 

  • Kannst Du dort rumlaufen, wie Du willst (Kleidung), oder wirst Du komisch angeguckt?

Einmal hat mich eine Klassenkameradin auf meinen Beutel angesprochen, in dem ich meine Sachen herumtrage. Ich sei der Einzige, der das tut. Ansonsten hat man nicht einmal meine kaputten Turnschuhe erwähnt.

 

  • Bist Du ein bunter Hund in der Schule?

Nicht wirklich. Und wenn, dann sind es sehr dezente Pastelltöne. Manchmal sprechen mich Personen an, die ich gar nicht kenne. Dann sage ich mir, dass ich einfach kein sehr ausgeprägtes Personengedächtnis habe.

 

  • Wie ist das Leistungsniveau? Wirst Du nur durch die fremde Sprache gefordert oder auch sonst?

Das Leistungsniveau ist nicht sehr hoch. Ich fühle mich eigentlich nur durch die fremde Sprache gefordert, aber das ist auch völlig ausreichend.

 

  • Ist der Englischunterricht immer noch gut? Sprichst Du in den anderen Fächern auch erstmal englisch?

Ja, ich fühle mich im Englischunterricht immer noch sehr wohl. Und ich spreche auch sonst überwiegend englisch, versuche mich aber auch an französischen Sätzen. Arbeitsblätter bearbeite ich immer auf Französisch.

 

  • Wie sind die Lehrer?

Ich finde meine Lehrer in Kochen, Englisch und Französisch sehr sympathisch und auch recht kompetent. Der Lehrer in Mechanik und Holzwerkstatt allerdings versteht von Pädagogik so viel wie ich von Motoren. Meistens bekommen wir einfach Arbeitsblätter und sollen die Lücken mithilfe eines Fachbuches füllen. Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass er tatsächlich gar nicht Lehrer ist, sondern nur die Vertretung für den eigentlichen, der an seinem Burnout rumkuriert. Ich hoffe, dass er bald wieder auf den Beinen ist, denn ich hab gehört, er sei sehr gut.

 

  • Mir scheint dieses Schulsystem sehr interessant, zum einen wegen des halbjährlichen Wechsels, zum anderen, weil da ja offensichtlich viel Wert auf so ganz praktische Dinge gelegt wird. Hierzulande scheint sich ja, soweit ich da Einblick habe, nicht wirklich etwas daran geändert zu haben, dass vorrangig Wissen in Köpfe gestopft werden soll. Soweit Du dazu im Laufe der Zeit etwas sagen kannst, würde mich interessieren, was das mit den Menschen (vor allen den Schülern, aber vielleicht ja auch den Lehrern) macht. Ist Schule trotzdem etwas, was man so abreißt, oder ist da insgesamt mehr Freude spürbar?

Nicht mehr Freude am Unterricht jedenfalls. Die Motivation der Schüler ist nach meinem Gefühl noch niedriger als in Deutschland, was wohl größtenteils auf das Konto der kanadischen Gelassenheit zu verbuchen ist. Arbeitsbögen werden bearbeitet, ja, aber nicht gerade mit Exaltation.

 

 

Wenn es noch dringende Fragen gibt, schreibt sie mir ruhig per Mail, ich beantworte sie dann persönlich. (Aus Gründen, deren Ergründen jenseits meiner Kompetenz liegt, bin ich nicht in der Lage, einen Kommentarbereich einzurichten.)

 

Liebe Grüße

Robin

 

 

Galerie

Ein Blick aus dem Wohnzimmerfenster

Noch ein Blick aus dem Wohnzimmerfenster

Unsere Straße (in dem Haus da wohnen wir – ja genau, in dem)

Nach meinem ersten Besuch in einem Irish Pub (auf dem Weg nach Dartmouth)

Halifax (aus der Sicht von Dartmouth)

Wie ich mit der Wand spielte